Sicherheit und Haftung
Waldbesuchende betreten den Wald und die darin angelegten Forstwege
grundsätzlich auf eigenes Risiko. Wandernde, die im Wald auf einem Wanderweg
unterwegs sind, müssen sich der typischen Gefahren, die im Wald vorkommen,
bewusst sein und sich angemessen und eigenverantwortlich verhalten.
Waldtypische Gefahren sind solche, die im Ökosystem Wald von Natur aus vorkommen. Hauptbeispiel sind infolge von Wetterereignissen (Sturm, Blitzschlag), Witterungsbedingungen (Schneedruck, grosse Hitze), Schädlingsbefall oder natürliche Alterung umstürzende Bäume oder herabfallende Äste und Kronenteile (Fallholz). Des Weiteren zählen hierzu die Gefahren, die von Wildtieren (Angriffe durch Wildschweine etc.) und Insekten (z.B. Zeckenbiss) ausgehen.
Bemerkung: Der Klimawandel beschleunigt und akzentuiert allenfalls diese
Ereignisse, verändert aber grundsätzlich nichts an der Ausgangslage. Bei
grossflächigen, aussergewöhnlichen, neuen Gefahrenherden (Waldbrand,
Eschenwelke, grossflächiger Schädlingsbefall, fehlende Schutzfunktion) wird der
Kanton sachgemässe Massnahmen treffen und die Waldeigentümer, die
Bewirtschaftenden und die NutzerInnen informieren. Bei grossflächigen Gefahren
kann der Zugang zum Wald gesperrt werden (siehe Fall Hardwald Basel).
Werkeigentümerhaftung
Bei Unfällen, die auf befestigten Wanderwegen durch mangelhaft erstellte oder schlecht unterhaltene Weginfrastruktur verursacht werden (= atypische Waldgefahren), gilt die Werkeigentümerhaftung. Beispielsweise: ein morsches Geländer als Absturzsicherung hält nicht. Ansonsten gilt die Eigenverantwortung. Beispiele für Werke im Wald sind:
- Waldstrassen und Waldwege, inklusive deren Kunstbauten (Stützmauern, Holzkästen, Brücken, Entwässerungen, etc.)
- Waldhütten, Lagergebäude, Werkhöfe
- Rastplätze, Feuerstellen, Ruhebänke
- Schutzeinrichtungen (Netze, Verbauungen)
Ohne abweichende, vertragliche Vereinbarung sind wanderwegspezifische
Sicherungsmassnahmen (wie z.B. Schutz der Wandernden vor Absturzgefahr oder
Naturgefahren wie Fallholz oder Stein- und Blockschlag) Sache des
wanderwegverantwortlichen Gemeinwesens. Seitens des zuständigen Gemeinwesens
sind indessen auch hier Wegkontrollen durchzuführen und es ist für die
Beseitigung festgestellter Mängel zu sorgen.
Bei Wanderwegen auf Waldstrassen haftet die Waldeigentümerschaft als
Werkeigentümerin für Schäden infolge mangelhafter Erstellung des Fahrwegs oder
aufgrund von schlechtem Unterhalt baulicher Vorrichtungen am Fahrweg (Art. 58 OR).
Daneben ist eine
Haftung der Waldeigentümerschaft aus Verschulden (Art. 41 OR) oder als Geschäftsherrin (Art. 55 OR) etwa denkbar,
wenn
- sie es trotz behördlicher Aufforderung unterlässt, gefährliche Bäume zu entfernen (bei einer entsprechenden Beseitigungspflicht nach kantonalem Recht);
- der eigene Forstbetrieb bei Waldbewirtschaftungsarbeiten die gebotenen Sicherungsmassnahmen nicht ergreift;
- vertraglich übernommene Kontroll- und Unterhaltspflichten nicht erfüllt werden.
Hat die
Waldeigentümerschaft in einer Vereinbarung mit dem zuständigen Gemeinwesen
allgemein Unterhalt, Sicherung und Kontrolle der Wanderwege in ihrem Wald
übernommen, sollte sie
- die ausgeführten Kontrollgänge und Unterhaltsarbeiten dokumentieren;
- einen Weg vorsorglich sperren, wenn sie Mängel feststellt, die für Wandernde eine akute, unmittelbare Gefahr darstellen;
- festgestellte Mängel innert nützlicher Frist beheben.
Sperrungen und Umleitungen von Wanderwegen im Wald
Eine Sperrung von Wanderwegen sowie die Information der Wandernden vor
Ort ist nötig, wenn ein Wegabschnitt nicht begehbar oder die Benutzung
übermässig erschwert ist oder falls für die Wegbenutzenden akute, unmittelbare
Gefahr droht.
Damit eine durchgängige Begehbarkeit der signalisierten Wege
gewährleistet werden kann, ist bei Sperrungen von längerer Dauer (mehr als zwei
Tage) sowie generell bei stark frequentierten Wanderwegen grundsätzlich eine
Umleitung einzurichten. Durch die Wegsperrung sollten keine Sackgassen
entstehen. Die Sperrung erfolgt sinnvollerweise an Kreuzungen und Gabelungen,
wo eine alternative Routenwahl möglich und signalisiert ist.
Grundsätzlich ist das wegverantwortliche Gemeinwesen (Kanton oder
Gemeinde) für die Sperrung und Umleitung zuständig. Dies gilt insbesondere,
wenn ein Wanderweg aufgrund eines Naturereignisses nicht mehr hinreichend
sicher begehbar ist (z.B. viele umgeworfene Bäume auf dem Weg nach einem
schweren Sturm).
Bei Waldarbeiten, Sportveranstaltungen, Militär- und Schiessübungen usw.
durch Dritte sind diese für die Sperrung verantwortlich. Sperrungen sind mit
den Wegverantwortlichen des zuständigen Gemeinwesens (Gemeinde oder Kanton,
dort die kantonale Wanderweg-Fachstelle) abzusprechen und zu koordinieren.
Diese legen fest, ob, wie und durch wen eine Umleitung zu signalisieren ist.
Betroffene Wanderwege müssen unmissverständlich gesperrt werden, z.B.
rot-weiss-gestreifte Abschrankungen, Signal "Verbot für Fussgänger",
Hinweis "Holzschlag".
Die Information vor Ort ist zentral, damit die Sperrung beachtet wird. Die Wegnutzenden sind im Terrain über den
Grund, die voraussichtliche Dauer der Sperrung und den betroffenen Wegabschnitt
zu informieren. Empfohlen wird ein witterungsbeständiges und verständliches
Informationsschild.
An Baustellen, auf welchen längere Zeit (z.B. Wochenende) nicht
gearbeitet wird, sind die Signale abzudecken oder zu entfernen, wenn die
Sperrung während des Arbeitsunterbruchs nicht erforderlich ist.
Die Sperrung und die Umleitung sind zum Zweck der digitalen Erfassung
der kantonalen Wanderweg-Fachorganisation zu melden.
Eine regelmässige Kontrolle der Signalisation hinsichtlich Sperrungen und Umleitungen wird empfohlen.
Fallholz
Die Gefahr umstürzender Bäume und herabfallender Äste und Kronenteile
(Fallholzgefahr) ist eine waldtypische Gefahr, die grundsätzlich in die
Eigenverantwortung der Wandernden fällt. Grundsätzlich ist in bewirtschafteten
Wäldern unter normalen Witterungsbedingungen die Wahrscheinlichkeit für einen
Wandernden, von Fallholz getroffen zu werden, sehr gering.
Auch wenn kein übermässiger Kontrollaufwand gefordert ist (Kontrollen müssen zumutbar sein), so ist es dennoch empfehlenswert, stark frequentierte Wege regelmässig auf Sicht zu kontrollieren. Bäume, von denen eine offensichtliche Gefahr ausgeht, sollten innert nützlicher Frist beseitigt werden.
Stellen die Wanderwegverantwortlichen bei wanderwegspezifischen
Wegkontrollen gefährliche Bäume fest, ist es abhängig vom kantonalen Recht, ob
das Gemeinwesen die Bäume selbst entfernen kann oder ob die
Waldeigentümerschaft diese auf eigene Kosten zu beseitigen hat.
Es besteht keine Bewirtschaftungspflicht. Die Waldeigentümerschaft muss
weder lebende noch tote Bäume vorsorglich fällen. Wird der Bewirtschaftende
jedoch von den Wanderwegverantwortlichen auf gefährliche Bäume hingewiesen,
muss er für die Beseitigung der Gefahr sorgen bzw. eine Beseitigung dulden. Tut
er dies nicht, ist ein Verschulden denkbar
Unterlässt die Waldeigentümerschaft trotz behördlicher Aufforderung die
Beseitigung gefährlicher Bäume, kann sie aus Verschulden (Art. 41 OR) haftbar
werden.
Vorsorgliche Waldpflege: Die Zuständigkeit für das Entfernen offensichtlicher Gefahrenherde (morsche, angestossene, abgebrochene und umgestürzte Bäume) richtet sich nach kantonalem Recht.
Sicherheit bei der Jagdausübung
Jagende bzw. die Jagdgesellschaft sind für die Sicherheit der Wegnutzenden verantwortlich. Sie haben sachdienliche Massnahmen zu treffen, um die Sicherheit Dritter zu gewährleisten. Die Massnahmen sind mit den Wanderwegverantwortlichen des zuständigen Gemeinwesens abzusprechen. Wer durch die Jagdausübung einen Schaden verursacht, haftet dafür (Art. 15 JSG); unabhängig davon, ob ihn an der Schadenverursachung ein Verschulden trifft (Gefährdungshaftung).
Sicherheit bei Schiessübungen
Der/die Betreiber:in der Schiessanlage ist verantwortlich für die
Sicherheit der Wegnutzenden und hat alle nötigen Schutzmassnahmen zu ergreifen.
Über Schiessübungen sollte in lokalen Amtsblättern informiert werden (Art. 9 Schiessanlagen-Verordnung).
Soweit nötig, ist die betroffene Wegstrecke des Wanderwegs vorübergehend zu
sperren oder eine Schiesswache aufzustellen.
Wegsperrungen und Umleitungen sind mit den Wegverantwortlichen des
zuständigen Gemeinwesens abzusprechen und zu koordinieren. Eine Umleitung ist
zu signalisieren, wenn der Wanderweg die Schiessanlage kreuzt oder durchquert. Bei
stark frequentieren Wanderwegen ist nach Möglichkeit immer eine Umleitung
einzurichten. Die kantonale Wanderweg-Fachorganisation unterstützt bei der
Installation der Umleitung und ggfs. der Information auf der nationalen
Plattform.
Wenn der Wanderweg parallel zur Schiessanlage verläuft, bedarf es keiner
Wegsperrung bzw. Umleitung.
Bei herabfallenden Tontaubensplittern bei Schiessanlagen muss seitens Schiessanlage ein entsprechender Kugelfang bestehen; ggfs. ist der Wanderweg temporär zu sperren.
Schiessanzeigen können bei map.geo.admin.ch aufgeschaltet/eingesehen werden.
Unfall aufgrund der Waldbewirtschaftung
Die Person, welche
die Wald- und Holzarbeiten ausführt, ist für die Sicherheit von Drittpersonen
verantwortlich. Dabei sind die allgemein geltenden Regeln beim Holzschlag zu
beachten.
Wandernde haben eigenverantwortlich zu handeln. Bei Nichtbeachten der sachgemäss getroffenen Sicherungsmassnahmen (z.B. Umgehen einer klaren, unmissverständlichen Sperrung im Gelände) wird den Bewirtschaftenden kein Vorwurf gemacht werden können.
Holzpolter entlang von Wanderwegen
Holzpolter sind nicht
Bestandteil des Wanderwegs und das wanderwegverantwortliche Gemeinwesen
(Gemeinde und Kanton) trifft dementsprechend keine Sicherungspflicht.
Holzpolter gelten als Werk (Fahrnisbaute) im Sinne der Werkeigentümerhaftung (Art. 58 OR). Der
Eigentümer des Polters (Waldeigentümerschaft, Forstunternehmer, Sägerei etc.)
hat dafür zu sorgen, dass vom Holzpolter keine Gefahr ausgeht und die sichere
Begehbarkeit des Wanderwegs gewährleistet ist. Die Stämme müssen so gelagert
werden, dass sie nicht in gefahrbringender Weise umstürzen, herabrollen oder
abrutschen können.
Windkraftanlagen im Winter
Im Winter kann in
der Nähe von Windkraftanlagen eine Gefahr durch Eisschlag drohen. Zwischen
(Winterwander-) Wegen und Anlage sollte deshalb nach Möglichkeit eine
angemessene Sicherheitsdistanz vorhanden sein. Die Verantwortung liegt primär
beim Anlagenbetreiber.
Links
- Sicherheits- und Haftungsfragen im Wald mit Blick auf grossflächige Waldschäden. Rechtsgutachten im Auftrag des BAFU (2022)
- Haftungsfragen bei Freizeit- und Erholungsaktivitäten im Wald: Information für Waldeigentümer und Waldbesuchende (BAFU 2021)
- BWSo-Info 1-2021: Infrastrukturen und Haftung im Wald
- Verantwortlichkeit bei waldtypischen Gefahren: Beispiele aus der Gerichtspraxis (Bütler, 2016)
- Schutz von Drittpersonen bei Waldarbeiten (SUVA 2016)
- Haftung bei waldtypischen Gefahren – Rechtsprechungsübersicht und Rechtslage. Rechtsgutachten im Auftrag des BAFU (2014)
- Anpassungsbedarf des Haftungsrisikos für Waldeigentümer bei waldtypischen Gefahren. Rechtsgutachten im Auftrag des BAFU (2012)
- Die Haftung des Waldeigentümers im Waldbestand und entlang von Strassen. (Leuch, 2007)
Kontakt
Daniela Rommel
- Koordination und Beratung: Winterwanderwege und Schneeschuhrouten (alle Kantone)
- Beratung Kantone (Sommer): AI, AR, SG, BL, BS
- Beratungsthemen: Klimawandel, Wald, Jagd, Gesundheit