Sind die Wanderwege noch sicher?

Sind die Wanderwege noch sicher?
Nur langsam begreife ich wirklich, was im Lötschental passiert ist: Ein Berg ist in sich zusammen gebrochen, ein Gletscher kollabiert und eine gewaltige Eis- und Steinlawine hat das Dorf Blatten unter sich begraben. Rund 300 Menschen haben von einer Minute auf die andere ihr Zuhause und alles verloren, was sie besassen.
Seit vielen Jahren bin ich regelmässig und gerne im Lötschental unterwegs und als Berner Oberländer sind wir fast so etwas wie Nachbarn. Umso mehr haben mich die Ereignisse von Ende Mai erschüttert und tief betroffen gemacht.
Extremereignisse haben uns in den letzten Jahren mehrfach beschäftigt: Hochwasser und Erdrutsche richteten letztes Jahr im Tessin und im Wallis immense Schäden an. Erst diesen Frühling machten starke Schneefälle bis in tiefe Lagen ebenfalls vorwiegend im Oberwallis nahezu alle Wanderwege unterhalb der Waldgrenze unbegehbar. Aber auch das Mittelland bleibt nicht verschont: Hochwasser führten zum Beispiel 2021 und 2024 auch in den dortigen Kantonen zur Sperrung etlicher Wegkilometer. Extreme Naturereignisse werden aufgrund des Klimawandels weiter zunehmen. Vermehrt muss auch in Gebieten und zu Jahreszeiten mit Naturgefahren gerechnet werden, die bisher verschont geblieben sind. Auftauender Permafrost wird zu mehr Steinschlägen führen, es wird mehr Starkniederschläge und mehr Nassschneelawinen in tiefen Lagen geben.
Auf unserer Fachexkursion haben wir uns Anfang
Juni intensiv mit diesen Themen beschäftigt. Fazit: Auch wenn es immer ein
Restrisiko gibt, sind Wandernde weiterhin sicher vor Naturgefahren. Auf den Schweizer
Wanderwegen gibt es jährlich durchschnittlich einen tödlichen Unfall durch
Naturereignisse. Diese Zahl ist stabil, obschon heute viel mehr Menschen auf
den Wegen unterwegs sind. Allerdings sind Kantone, Gemeinden und kantonale
Wanderweg-Fachorganisationen stark gefordert, damit die Sicherheit weiterhin
gewährleistet werden kann. Gefährdete Wege können mit vertretbarem Aufwand identifiziert
und wo notwendig, überwacht werden. Wandernde müssen zusätzlich für die
Gefahren und eine gute Planung und Vorbereitung ihrer Wanderung sensibilisiert
werden. Nicht zu vermeiden wird aber auch sein, dass einzelne, stark exponierte
Wege verlegt oder allenfalls gar aufgegeben werden müssen.
Überwachung und Unterhalt erfordern zusätzliche finanzielle Mittel. Mit dem Fonds für Wanderwege und dem Mobiliar-FondsBrücken und Stege können die Schweizer Wanderwege dazu einen wertvollen Beitrag leisten. Es sind aber auch öffentliche Gelder nötig. Einige Kantone denken derzeit über Kürzungen in diesem Bereich nach. Das wäre am falschen Ort gespart, da gerade jetzt zusätzliche Herausforderungen anstehen und Wandern insgesamt zu den beliebtesten und gesundheitsförderndsten Freizeitaktivitäten gehört.
Gerade Extremereignisse wie letztes Jahr in den Tessiner Tälern oder jetzt im Lötschental zeigen das riesige Engagement der Wanderwegverantwortlichen auf: Im Bavona- und Maggiatal waren nach den Unwettern 193 Kilometer Wanderwege gesperrt. Obschon Erdrutsche und Murgänge die Landschaft für immer komplett verändert haben, sind es weniger als ein Jahr später nur noch 31 Kilometer. Im Lötschental sind aktuell 65 Kilometer Wanderwege gesperrt. Im ganzen Kanton Wallis waren es zwischenzeitlich fast 1000 Kilometer. Dank der Unterstützung durch Freiwillige und die Armee sollen über 85 Prozent davon bereits bis Ende Juni wieder offen sein. Damit Wandernde ihre Touren besser planen können, haben die Schweizer Wanderwege vor wenigen Jahren das Tool Wegsperrungen entwickelt. Damit können auf den gängigen Wanderweg-Apps und -Webseiten alle aktuellen Wegsperrungen angezeigt werden.
Extreme Naturereignisse
können in unserer scheinbar kontrollierten Welt verunsichern. Verändert die
Katastrophe von Blatten Ihr Verhalten in den Bergen? Was sind Ihre Erfahrungen
auf den Wanderwegen? Schreiben Sie mir! Ich bin gespannt
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