«Mit tränenden Augen beobachte ich, wie die Eisflächen immer kleiner werden»
 
        «Mit tränenden Augen beobachte ich, wie die Eisflächen immer kleiner werden»
Der Gletscherkenner und Mitarbeiter der
Schweizer Wanderwege Andreas Wipf hält seit über 30 Jahren das Schwinden der Schweizer
Gletscher fotografisch fest. Diesen Herbst veröffentlichte er gemeinsam mit
anderen Autoren ein Buch zum Thema «Schweizer Gletscherlandschaften im
Klimawandel». Im Interview erzählt er, wie es um das schwindende Eis steht.
Andreas Wipf, welchen Gletscher hast du zuletzt besucht?
Den Witenwasserengletscher – ein kleiner Gletscher im Urnerland.
Beruflich oder privat?
Wie bereits im Jahr 2024 zum Vergnügen – ich habe biwakiert und den Sonnenuntergang und Sonnenaufgang fotografiert. 2018 war ich schon beruflich in diesem Gebiet unterwegs, um die Wegkategorien der neu erbauten Wanderwege zu bestimmen.
Was konntest du beobachten?
 
Das Zungenende des Gletschers ist weiter abgeschmolzen. Beim Besuch im letzten Jahr waren dort noch drei Seen: ein grosser und zwei kleine. Zwischen den kleinen konnte man über die Gletscherzunge gut hindurchlaufen. Durch das Abschmelzen des Eises sind die zwei kleinen Seen vor der Zunge bis heute zu einem See zusammengewachsen.
Für das Buchprojekt hast du 25 Gletscher fotografisch dokumentiert, was ist dein Fazit?
Die ältesten Bilder – meist Panoramaaufnahmen – sind gerade mal 20 Jahre alt. Die Vergleichsbilder zeigen auf, wie stark die Gletscher in dieser relativ kurzen Zeitspanne zurückgeschmolzen sind, z.B. beim Triftgletscher im Berner Oberland ist heute ein riesiger See, wo vorher Eis war. Besonders kleinere Gletscher sind sehr anfällig auf die klimatischen Veränderungen und haben prozentual stark an Fläche verloren. So sieht man auf den Vergleichsbildern auch immer mehr Schutt statt Eis.
Lässt sich der Gletscherschwund beziffern?
Forschungsergebnisse zeigen, dass im Alpenraum seit 2000 knapp 40% Prozent des gesamten Eisvolumens verschwunden ist. Ein Extrembeispiel ist der Grosse Aletschgletscher. Dieser hat am Konkordiaplatz allein im Jahr 2022 eine sechs Meter hohe Eisschicht verloren.
Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen?
Einerseits verliert die Schweiz ein Stück ihrer ästhetischen Identifikation: Das Bild der Alpen mit Schnee und Eis schwindet. Andererseits wird mit dem Schmelzen der Gletscher unser Wasserspeicher immer kleiner, z.B. fehlt so in den heissen und trockenen Sommern zunehmend Wasser für die Bewirtschaftung. Zudem kann das Risiko für Naturgefahren steigen, indem ehemals vom Gletscher gestützte Flanken instabil werden oder wenn Murgänge aus den neu entstandenen schuttreichen Gletschervorfeldern losbrechen.
Was bedeuten die Veränderungen für die Wanderwege?
Nur sehr selten verläuft ein Wanderweg über einen Gletscher und ist von den Veränderungen direkt betroffen. Allerdings mussten schon einige Zustiege zu Berghütten verlegt werden, weil z.B. durch den Gletscherschwund steile Fels- oder Moränenflanken zum Vorschein gekommen sind, die nicht mehr begehbar sind.
Was müssen Wandernde in vergletscherten Gebieten beachten?
Wie vorhin erwähnt, ist man als Wandernde(r) nur ganz selten auf (Alpin-)Wanderwegen auf Gletschern unterwegs. Wenn, dann werden generell alpine Erfahrung und eine entsprechende Ausrüstung vorausgesetzt – dazu gehören je nach Verhältnisse auch Pickel und Steigeisen. Wenn ein Gletscher verschneit ist, können grundsätzlich Spalten darunter lauern. Man sollte deshalb mindestens zu zweit und angeseilt unterwegs sein. Aber dann spricht man nicht mehr von Wandern, sondern von Berg- oder Hochtouren. Zudem ist es wichtig, sich vorab über die Witterung und den Zustand gut zu informieren – etwa ob der Gletscher aper ist. Oder wenn es regnerisch ist, kann er noch rutschiger sein. Wer unerfahren ist, geht am besten in Begleitung eines Tourenleiters oder einer Bergführerin.
 
         
        Wanderungen zu Gletschern
 Nr. 1565
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        Südwalliser Gletscherblick
 Nr. 1337
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 Nr. 1780
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 Nr. 1723
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 Nr. 1946
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 Nr. 1995
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 Nr. 1986
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