Kinderleichte Packerei
Kinder wählen ihre Rucksäcke nach Farbe und Design, für Eltern sind Tragekomfort und Volumen wichtig. Stimmt beides, tragen Kinder ihr Gepäck hoffentlich selbst. Der WANDERN.CH-Praxistest zeigt, an welchen Rucksäcken die ganze Familie Freude hat.
Rémy Kappeler

Je nach Fitness des Kindes kann es bis zu einem Drittel des Körpergewichts tragen.

Aus dem Magazin WANDERN.CH 5/2020
Wenn eines in unserem Rucksacktest klar herausgekommen ist, dann dies: Optik zählt! Entgegen allen gut gemeinten Empfehlungen von Experten spielt es eben doch eine grosse Rolle, ob der Rucksack rosarot ist und Feen drauf sind oder eben gerade nicht. Genau dies haben drei Testmädchen bestätigt: Während die Vierjährige den trendigen, schnittigen Qualitätsrucksack in Hellblau verschmähte, haben die sechsund achtjährigen Schwestern das schlichte Bergmotiv auf dem dunkelgrünen Rucksack honoriert, gerade weil es «nicht so baby» sei.
Ähnliche Erfahrungen hat auch Fabian Reber gemacht, der bei Bächli Sport für die Kinderrucksäcke zuständig ist: «Farbe und Design sind entscheidend. Kinder identifizieren sich mit Figuren wie dem Waldfuchs oder dem Schmusebären.» Und dennoch gehe es darum, auch Dinge wie den Tragekomfort und das Volumen zu beachten. Dies ist beim Rucksackkauf die herausfordernde Aufgabe der Eltern.
Ein Rucksack muss zum Kind passen, denn nicht nur die Freude an der Ausrüstung motiviert das Kind beim Wandern, spätestens nach einer Stunde ist auch entscheidend, ob es sich wohlfühlt mit dem Teil. Je älter das Kind ist, desto mehr trägt es. Während ein Kindergartenkind nur wenig Gewicht am Rücken tragen soll und die Eltern den Rucksack wohl schon recht bald übernehmen, tragen ältere Kinder ihre Ausrüstung zunehmend alleine. Als Wanderpapa habe ich es mit meinen Kindern immer so gehalten, dass sie das Picknick tragen dürfen – mit Ausnahme der Getränke. Die feinen Sachen haben sie gerne im Rucksack. Und der Clou daran: Nach dem Mittagshalt ist der Rucksack schon viel leichter. Dann können sie den Eltern etwas Voluminöses und Leichtes wie den Faserpelz abnehmen.
Wie viel trägt das Kind?
Bei Kinderrucksäcken unterscheidet man drei Kategorien: Kleinkinder, Schulkinder und Teenager. Für Erstere gibt es sehr kleine Rucksäcke, die für etwa ein Kilogramm gemacht sind. Sie werden oft mehr für die Waldspielgruppe genutzt als zum Wandern, wobei die Ansprüche ähnlich sind. Bis achtjährige Schulkinder tragen etwa drei Kilo, neun- bis zwölfjährige bis zu fünf Kilo. Teenager schaffen gut sieben Kilo. Allerdings geht es darum, mehr auf die individuelle Statur und die Kondition des Kindes zu schauen als aufs Alter. «Je nach Fitness des Kindes vermag es gar bis zu einem Drittel des Körpergewichts zu tragen, also etwa 7,5 bis 10 Kilogramm», sagt auch Fabian Reber von Bächli. Deshalb sei es wichtig, dass die Kinder beim Kauf des Rucksackes dabei seien. Im Fachgeschäft können sie selbst testen, was für sie noch angenehm ist: Sie können gefüllte Stoffsäcke in die Rucksäcke einfüllen. Bei dieser Gelegenheit stellen Eltern auch gleich fest, ob der Rucksack von den Kindern alleine gepackt werden kann und ob die Handhabung der Schnallen, Kordeln und Stopper simpel und intuitiv ist.
Doch aufgepasst: Nicht zu grosse Rucksäcke kaufen, denn den Platz, den man hat, füllt man beim Packen in der Regel auch. Das Eigengewicht des Rucksacks ist eher zweitrangig: Wer beim Packen auf Unwichtiges verzichtet, spart dabei mehr Gewicht ein. Warum nicht einmal gemeinsam mit dem Kind den Rucksack packen und jedes einzelne Ding wägen, um gemeinsam zu diskutieren, ob es mitkommt oder nicht? Und dann gilt: Schweres kommt möglichst unten und nahe an den Rücken.
Die klassischen zehn Prozent
Lange Zeit hiess es, dass Kinder nicht mehr als zehn Prozent des Körpergewichts schultern sollen. Diese Faustregel ist überholt, sie konnte meist sowieso nur schwerlich eingehalten werden. Sie wurde abgeleitet von einer Empfehlung aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, wie schwer der Rucksack eines Rekruten sein durfte, damit bei Langzeitbelastung keine muskulären Ermüdungen auftraten. In Deutschland gibt es sogar eine entsprechende Norm des Deutschen Instituts für Normung (DINNorm 58124). Die Universität Saarland hat unterdessen in ihrer Kid-Check-Studie über Schulranzen festgestellt, dass Schulkinder im Durchschnitt ein Gewicht von 17,2 Prozent des Körpergewichts am Rücken tragen und dies gesundheitlich unbedenklich ist. Ein korrekt getragener Rucksack könne gar die gesunde Entwicklung sowie das Muskel- und Knochenwachstum fördern.
Die korrekte Position am Rücken
Die Studie soll natürlich kein Freipass sein, denn zu viel Gewicht führt zu Verspannungen und Fehlbelastungen des Rückens, der Schultern und der Hüfte. Qualitativ gute Tragesysteme sind umso wichtiger, je mehr Last ein Kind tragen muss. Teenagermodelle unterscheiden sich heute oft nicht mehr gross von Erwachsenenrucksäcken. Wichtig sind gepolsterte und verstellbare Schultertrageriemen, um Druckstellen vorzubeugen und den Rucksack gut zu positionieren. Zwingend ist ein Brustgurt: Er verhindert, dass die Trageriemen über die Schultern abrutschen, und hält den Rucksack am Körper. «Bei kleinen Kindern muss er nicht verstellbar sein, bei grossen aber schon», rät Fabian Reber. Hüftgurte sind nur bei grösserem Gewicht nötig, um Gewicht von den Schultern zu nehmen und es auf den Hüften zu verteilen. Auch individuell einstellbare Tragesysteme werden erst bei Teenagern wichtig oder wenn ein Rucksack von mehreren Kindern abwechselnd getragen werden soll.
Fabian Reber zeigt Eltern beim Kauf auch, wie sie den Rucksack korrekt am Rücken fixieren. Erst löst er alle Schnallen und Bänder, und das Kind zieht den Rucksack an. Dann positioniert er den Hüftgurt mittig auf den Beckenknochen und schaut, dass der Schulterträgeransatz dort liegt, wo das Schulterblatt beginnt. Schliesslich soll die Oberkante des Rucksacks auf der Höhe des Nackens liegen.
Wichtige Nebensachen
Sind Volumen und Tragesystem einmal klar, geht es um individuelle Vorlieben. Wie strapazierfähig soll das Material sein? Muss der Rucksack wasserdicht sein, oder ist eine wasserdichte Rucksackhülle eine Option? Braucht es einen Schlüsselring, eine herausnehmbare Sitzmatte, ein Plüsch-Mammut, das aus dem Rucksack guckt? Welche Taschen und Fächer sind wo wichtig? Aus Erfahrung praktisch ist eine Seitentasche, wo die Getränkeflasche eingesteckt und fest angezurrt werden kann. Auch kleine, von aussen einfach zu erreichende Fächer sind dienlich, um unterwegs kleine Schätze zu verstauen. Innenliegende Reissverschlusstaschen halten Wertgegenstände sicher und trocken. Wer den Rucksack auch für den Schulweg braucht, achtet auf reflektierende Teile.
Ein Gedanke an die Umwelt
Die Pflege der Kinderrucksäcke ist recht einfach: Seifenwasser reicht in den meisten Fällen. Im Ausnahmefall kann man sie auch mal schonend waschen, auch wenn Hersteller dies nicht empfehlen.
Schliesslich sollte man sich auch bei Kinderrucksäcken Gedanken über die Nachhaltigkeit machen. Informationen über die ökologische Unbedenklichkeit zu erhalten, ist nicht immer einfach. Als Grundregel gilt: Was stinkt, ist meist nicht gut. Am besten erkundigt man sich beim Hersteller oder im Fachgeschäft, welche Marke hierzu Bemühungen unternimmt. In unserem Praxistest gibt es Modelle aus recyceltem PET, Biobaumwolle, Hanf und anderen recycelbaren Materialien sowie mit fluorcarbonfreier Imprägnierung. Ebenso nachhaltig ist es, qualitativ gute Kinderrucksäcke zu kaufen, damit mehrere Kinder sie tragen können oder sie über die Börse neue Eigentümer finden. Und nicht zuletzt gilt es, zu den Rucksäcken Sorge zu tragen. Dies als Eltern durchzusetzen, ist aber eben so eine Sache…
Einige Beispiele für Kinderrucksäcke
Wider den tierischen Ernst

Das jüngste Testkind ist einjährig und durfte den Flocke-Rucksack von Vaude testen. Die Mutter von Lars teilte dessen Freude am Schaf: «Ich finde es toll, dass der Rucksack die Form eines Tieres hat, die Kinder finden so schnell einen Bezug zu dem Gepäckstück. » Die Schnauze des Schafs – besser gesagt die Deckelklappe – lässt sich flink nach oben klappen, um nasse Regenhosen darin zu verstauen, ohne dass der restliche Inhalt nass wird. Der kleine Rucksack hat viele Fächer, ist sehr robust, gut abwaschbar und aus nachhaltigen Materialien wie recyceltem PET, Biobaumwolle und Hanf hergestellt. Die Träger sind breit und lassen sich gut auf die Grösse des Kindes einstellen, ebenso lassen sie sich vor der Brust übers Kreuz schliessen.

Mama von Lars, einjährig
«Diesen Rucksack tragen die Kinder mit Stolz.»
- Modell: Vaude Flocke
- Volumen: 6 Liter
- Gewicht: 220 Gramm
- Preis: 50 Franken
Für kleine Einsteiger

Der Trevolution Flick hat alles, was ein Wanderrucksack haben muss – und dies zu einem sehr anständigen Preis. Er kostet nämlich keine 30 Franken. Er ist aus sehr robustem und wasserdichtem Material. «Da gibt es nichts zu bemängeln, ich konnte mit dem Rucksack machen, was ich wollte», meint auch unser Testkind Lenn. Der leichte Rucksack ist durch die Trageriemen, den Brustgurt und die Rückenpolsterung angenehm zu tragen. Einzig einen Hüftgurt vermisste Lenns Papa: «Damit der Rucksack etwas besser fixiert werden kann.» Er verfügt über ein grosses Fach sowie mehrere kleinere Fächer. Zum Beispiel für die Trinkflasche.

Papa von Lenn, 4-jährig
«Vielseitiger Rucksack zu einem guten Preis.»
- Modell: Trevolution Flick
- Volumen: 12 Liter
- Gewicht: 320 Gramm
- Preis: 29.90 Franken
Praktisch und nachhaltig

Selbst der kleine Osprey-Jet-12-Rucksack orientiert sich an den Rucksäcken für Erwachsene. Das merkt man zum Beispiel an der flachen Tasche für eine Trinkflasche, die sich im Rücken des Rucksacks befindet. Unser sechsjähriges Testkind Louan hat sie umfunktioniert und seither – manchmal sogar auf Wanderungen – einen Zeichenblock mit Filzstiften bei sich. Praktisch, dass auch die Zeichnungen nicht zerknüllt werden. «Der Reissverschluss ist einfach zu öffnen und schliessen, sodass ich meinen Rucksack selbst packen kann», erklärt Louan. Das Tragesystem ist gut an den Rücken anpassbar, die Träger sitzen satt. Der Rucksack ist zu 100 Prozent recycelt und damit nachhaltig.

Louan, 6-jährig
«Mein Rucksack hat sogar ein Spezialfach für den Zeichenblock.»
- Modell: Osprey Jet 12
- Volumen: 12 Liter
- Gewicht: 400 Gramm
- Preis: 85 Franken
Für Vielwanderer

Wenn kleine Bergsportler viel unterwegs sind, ist der First Trion von Mammut eine passende Lösung. Testkind Giuliano hatte Freude am Rucksack. «Ich habe ihn nicht nur fürs Wandern benutzt, sondern auch für Ausflüge in der Freizeit. » Der Rucksack hat ein aufwendiges Rückenpolster und sitzt damit gut. Der gepolsterte Hüftgurt hilft, den Rucksack zu fixieren. Das Täschchen am Hüftgurt ist praktisch für kleine Funde. Überhaupt hat der Rucksack viele Fächer, was auch Eltern schätzen. Wenn gewünscht, lässt sich ein Trinksystem montieren und Trekkingstöcke anheften.

Giuliano, 11-jährig
«Cool finde ich all die Taschen, um viele Dinge zu verstauen.»
- Modell: Mammut First Trion 12
- Volumen: 12 Liter
- Gewicht: 530 Gramm
- Preis: 75 Franken
Einfach zu bedienen

Der Typhoon ist ein praktischer und wasserdichter Rucksack ohne Schnickschnack und sehr schlicht gehalten. Das geräumige Hauptfach hat einen Rollverschluss. «Ein sehr praktischer Verschluss, den ich leicht öffnen und schliessen kann», meint Testkind Emilia. Und ihre Mama fügt an: «Der formschöne Rucksack kommt noch etwas zu früh für mein viereinhalbjähriges Mädchen, das derzeit noch Glitzer und Prinzessinnen und bunte Farben liebt.» Doch das kommt noch, denn der Rucksack ist langlebig und mit den mannigfaltigen Befestigungsmöglichkeiten auch für allfällige spätere Kletterausflüge geeignet. Bestechend einfach ist die Reinigung: Man stülpt den Innensack nach aussen und wäscht ihn mit Wasser.

Emilia, 4-jährig
«Der Rucksack ist sehr robust und pflegeleicht. Das freut Mama.»
- Modell: Exped Kids Typhoon 12
- Volumen: 14 Liter
- Gewicht: 320 Gramm
- Preis: 79 Franken
Einfach zugängig

Tester Elliot hat beim Kajka JR von Fjällräven vor allem imponiert, wie schnell er all seine Sachen findet. Durch das Frontladesystem – ein Reissverschluss führt der ganzen Länge entlang – kann der Rucksack einfach hingelegt werden, und auch die untersten Dinge sind rasch zur Hand. Der Wanderrucksack für Kinder von acht bis zwölf Jahren hat ein grosses Hauptfach und mehrere kleine Taschen. Sein strapazierfähiges Material und damit der ganze Rucksack sind zwar etwas steif, vor allem wenn man wenig gepackt hat. Aber dafür auch sehr robust und damit langlebig, was kleine Abenteurer und ihre Eltern sehr schätzen. Polsterung, Tragekomfort und Lastübertragung sind gut. Die fluorcarbonfreie Imprägnierung sowie eine Regenhülle schützen ihn vor Nässe und Dreck.

Elliot, 11-jährig
«Der Rucksack ist einfach und intuitiv handhabbar: Ich kann ihn selbst bedienen.»
- Modell: Fjällräven Kajka JR 20
- Volumen: 20 Liter
- Gewicht: 895 Gramm
- Preis: 130 Franken
Der Grosse für die Kleinen

Der Pioneer 22 von Jack Wolfskin wurde von zwei Schwestern getestet, von Nora und Louisa. Beide haben ihre Freude am Rucksack: «Wir tragen ihn sehr gerne, weil er hübsch aussieht mit dem Bergmotiv, nicht so babyhaft, sondern wie ein Erwachsenenrucksack. » Der Kinderrucksack hat tatsächlich die Rucksäcke für Erwachsene zum Vorbild. Ein höhenverstellbares Tragesystem sorgt dafür, dass verschieden grosse Kinder ihn tragen können – und auch mal die Mama. Ebenso können Stöcke und eine Trinkblase montiert werden. Der Hüftgurt wurde «mit Stolz getragen», wie die Mama meldet. Mit seiner grossen Öffnung ist der Rucksack einfach zu packen. Für Regen gibt es eine in der Bodentasche verstaute Hülle.

Nora und Louisa, 8- und 6-jährig
«Das Tragesystem ist anpassbar, sodass wir ihn beide tragen können.»
- Modell: Jack Wolfskin Pioneer 22
- Volumen: 20 Liter
- Gewicht: 720 Gramm
- Preis: 119 Franken
Schon bald erwachsen

Der Deuter Fox 30 ist ein Trekkingrucksack für Teenies und hat damit schon deutlich mehr Volumen als Kinderrucksäcke. Der Packraum hat bereits zwei grosse Fächer – damit man die Sachen einfacher findet. Tester Jonel hat Freude am wertig verarbeiteten Rucksack, der ihn noch lange begleiten wird, denn er hat ein individuell einstellbares Tragesystem, und der Rücken ist verlängerbar. Ebenso ist der Brustgurt auf verschiedene Höhen einstellbar. All diese Vorteile haben zur Folge, dass das Leergewicht etwas hoch ist, was den Tester aber nicht beeindruckte.

Jonel, 13-jährig
«Der Rucksack hat alles, was ich fürs Wandern brauche.»
- Modell: Deuter Fox 30
- Volumen: 30 Liter
- Gewicht: 1220 Gramm
- Preis: 139 Franken