Zugegeben, man würde es an der Transitachse des Gotthard nicht erwarten, noch ein stilles Fleckchen Erde zu finden. Bei Amsteg zweigt rechterhand eine enge Schlucht ab, welche nur mit scheinbar unendlichen, schmalen Serpentinen umfahren werden kann. Dafür eröffnet sich einem ein stilles Tal von geradezu paradiesischer Schönheit. Es braucht schon etwas Zeit, um all die Besonderheiten des Maderantertals zu erkunden, das seinen Namen übrigens von einem reichen Tessiner aus Airolo erhalten hat. Herr Madrano liess das Eisenerz auf 2600m abbauen, danach konnte es in der Schmiede im Talboden gleich weiterverarbeitet werden. Heute ist von der «Eisenzeit» im Tal nicht mehr viel übrig geblieben. Bunte Blumenwiesen, knorrige Bergwälder, schwindelerregende Felsenhöhen und der idyllische Golzernsee ziehen Besucher an. Der Bergsee mit seinem kleinen Weiler Seewen ist auch per Luftseilbahn erreichbar. Unterwegs zur Windgällenhütte bieten sich unvergleichliche Ausblicke auf das klare, spiegelblanke Wasserauge. Vom Autobahnlärm ist hier kein Mucks zu vernehmen: nur ungezähmte Natur mit schroffen Bergzinnen prägen das langgezogene Tal mit den stiebenden Wasserfällen. Ganz hinten hat der einst mächtige Hüfigletscher ein wertvolles Geröllfeld zwischen den abgehobelten Felspartien hinterlassen, auf welchem im Juni unzählige Frauenschuhorchideen in kleinen Grüppchen blühen. Auch die selten gewordene wilde Feuerlilie ist im Maderanertal heimisch, was zeigt, wie sehr sich die Natur hier noch entfalten kann. Kenner wissen das Urner Tal auch aufgrund seines enormen Reichtums an Mineralien zu schätzen. Und da die Einheimischen nicht geizig sind, bieten sie Teile von ihren Kristallfunden in kleinen, unbemannten Ständen überall entlang der Wanderwege an. Man vertraut den Besuchern und glaubt an deren Ehrlichkeit, in diesem Tal, in dem die Zeit stehen geblieben ist.