Der Mexikaner im Schnee

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18.02.2019 • veraalpina

Der Mexikaner im Schnee

Vielleicht wisst ihr es schon, aber Chihuahuas kommen ursprünglich aus dem gleichnamigen Mexikanischen Bundesstaat. Ich war noch nie dort, aber ich kann mir vorstellen, dass sich das Klima dort grundlegend von demjenigen in den Schweizer Alpen unterscheidet. Dies zeigte mir der Alpinchihuahua wieder einmal eindrücklich während unserer letzten Winterwanderung.

Schnee ist für den Alpinchihuahua eine etwas zwiespältige Sache. Einerseits macht es Spass, darin herumzurennen und wie ein Hase Haken zu schlagen, andererseits ist er auch KALT. Die Motivation meines Hundes schwankt beim Winterwandern: wird es ihm zu kalt, verschlechtert sich seine Laune merklich und er weigert sich, weiter zu gehen. Kein Wunder: wessen Bauch 10 cm vom Schnee weg ist, muss ohne Oberbekleidung wohl oder übel irgendwann mal anfangen zu frieren.

Auf unserer letzten Winterwanderung in den Glarner Weissenbergen begegneten wir sehr wenigen Menschen. Zwei davon amüsierten sich köstlich ob der Kleidung, die mein Gefährte trug. Da dies ziemlich oft vorkommt, gibt es für mich als dessen Sprachrohr zwei Möglichkeiten: 1. ich lasse die Leute in ihrer Unwissenheit, rolle verstohlen meine Augen und höre weg, 2. ich kläre sie auf.

Womit wir wieder bei seiner Herkunft wären. Angenommen, der Chihuahua kommt aus der heissen Wüste (ohne jetzt hier den Anschein machen zu wollen, dass ich von Biologie mehr Ahnung hätte, als was ich damals in der Kanti gelernt habe): der👏 Chihuahua👏 hat👏 keine👏so👏 genannte 👏Unterwolle! Zudem ist er etwa gleich hoch wie meine Wanderschuhe, also sehr nahe beim kalten Schnee. Sein Bauch wird geschützt und zwar mit einem Mantel oder Pullover. Wir Menschen tun das ja für uns selbst auch, wieso sollte mein Hund frieren, wenn ich nicht frieren will? Manchmal bekomme ich glatt zu hören, dass ein „richtiger Hund“ keine Kleidung tragen würde, weil das ja nicht natürlich sei (das sind übrigens meistens dieselben Zeitgenossen, die nicht glauben, dass dieser kleine Hund wandern „mag“). Diese Menschen schlagen dann Alarm: Schon wieder so ein Fall von „Vermenschlichung“ aufgedeckt! Ha!

Meh… Ich bin sowieso der Meinung, dass wir bei der Ausrüstung doch brauchen können, was es gibt. Die Materialien werden immer besser, immer leichter, immer bequemer. Davon sollen doch nicht nur Menschen profitieren, oder? Die einzige Antwort, die man solchen Leuten geben kann, ist dass Menschen doch auch nicht mit Kleidern geboren werden und ob sie sich dann nicht ausziehen möchten? Etwas Besseres ist mir noch nicht eingefallen… Ideen sind willkommen.

Bei der Wanderpause auf einem Bänkli sass der Alpinchihuahua auf meinem Schoss und vergrub sein Gesicht in meinen Armen. Ich ging davon aus, dass ihn das Sonnenlicht und der Schnee blenden mussten. Also zog ich ihm seine Sonnenbrille an und er machte es sich bequem und fühlte sich offensichtlich besser. Die nächsten zwei Wandernden, die an uns vorbei liefen, zeigten sich erstaunt, aber verständnisvoll. Was er aber nicht machen wollte, war mit der Sonnenbrille zu laufen. Dies mag er einfach nicht und er zieht sie sich selbst aus. Fair enough.

An diesem Tag hatte er aber trotz all dieser Vorkehrungen schlechte Laune. Irgendetwas war ihm über die Leber gelaufen und mein sonst so motivierter Wanderkumpan hatte einfach keine Lust. Bei jedem Restaurant hielt er an und wollte hinein. Woher er wusste, dass es sich um Gasthäuser handelte, war mir schleierhaft.

Aber wir wanderten weiter. Ich versuchte, frei nach Wanderpapas Motivationstricks, ihn mit Poulet zu erpressen. Dies ging für ein paar Minuten gut. Bis er mir wieder zu verstehen gab, dass ihm das Ganze keinen Spass machte.

Mein letzter Versuch: seine Schuhe. Normalerweise ziehe ich ihm diese nur an, wenn ich seine Pfoten von Streusalz schützen möchte. Aber siehe da: Seine Stimmung hellte auf, als er sich wieder trockenen Fusses durch den Schnee bewegen konnte. So genossen wir noch den letzten Abschnitt (und es tut mir immer noch so leid, hatte ich nicht früher daran gedacht), bis wir in sein lang ersehntes Restaurant einkehrten, wo er auf der Sitzbank in der Sonne sogleich ein Nickerchen machte (und dies nackt!).

 

Die Talfahrt auf dem Schlitten verbrachte er in meiner Jacke und die Welt war wieder vollends in Ordnung.

 

Vera Alpina

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