Auf dem Pfad der Mönche in Chiang Mai

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24.04.2020 • Wanderpapa

Auf dem Pfad der Mönche in Chiang Mai

Dies ist eine Geschichte aus einer Zeit, als noch fast alles normal war. Es war März und wir waren in unserer Auszeit in Südostasien, genauer in Thailands Norden, und dachten nicht im Geringsten dran, dass uns der Bundesrat in die Schweiz zurückholen würde. Gut, die Stadt Chiang Mai war schon damals sehr leer. All die chinesischen Touristen fehlten. Und ja, wir trugen ab und zu schon diese Gesichtsmasken, rieben uns öfters mit Desinfektionsmittel die Hände ein und suchten immer wieder nach Waschgelegenheiten für die Hände. Aber sonst fühlten wir uns noch sehr wohl.

So wohl, dass ich eines Tages beschloss, eine Wanderung zu unternehmen, obwohl ich ja in meine Auszeit gegangen war, um eben gerade nicht zu wandern. Es waren mehr als drei Wochen vergangen, bevor dieser Wunsch aufkam – ein beruhigendes Zeichen, dass ich mich schon so gut erholt fühlte. Der Zwergenkönig war sofort begeistert, als ich ihn fragte, ob er mit mir hinauf zum Tempel Phra That Doi Suthep wandern wolle. Nun, ich muss präzisieren: Er war begeistert vom Wandern, nicht vom Tempelbesuch. Tempel hatten wir schon einige gesehen damals – mein Sohn stufte sie schon als langweilig ein, sie sähen doch alle gleich aus, meinte er. Ich kann ihn gut verstehen, in Südostasien bekommt man bald einmal den Tempelkoller.

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Vier, fünf Stunden!

Wir standen um sechs Uhr Früh auf. Der Nachtportier unseres Gasthauses sah uns verständnislos an und fragte, warum wir denn wandern würden, er könne uns doch ein Taxi organisieren. Denn es gehe sicher vier, fünf Stunden, bis wir die 500 Höhenmeter auf den Berg erklommen hätten. Bei meinen Recherchen hatte ich gelesen, dass wir für die 1,6 Kilometer maximal zwei Stunden brauchen würden, weshalb ich mir keine Sorgen machte und mit dem Zwergenkönig losging, um mir am Chiang Mai Gate ein Taxi zu suchen. Der Fahrer eines Sammeltaxis machte auch gleich einen genug hohen Frühmorgenpreis, den ich ihm nach kurzem Verhandeln annähernd gewährte. Er fuhr uns hin, das heisst, sobald die Strasse etwas anstieg, liess er uns auszusteigen, weil sein Gefährt wohl nur fürs Geradeausfahren geeignet war. Uns wars egal, und so wanderten wir die ersten 20 Minuten auf einer staubigen Strasse, bis wir den Telefonmast erreichten, wo der Pfad der Mönche begann.

Bikerstress in Thailand

Als Erstes wurde uns bewusst, dass die Wanderer hier dieselben Probleme haben wie wir: Ein Motocrosstöff und ein Biker prangten von einem grossen gelben Schild, beide rot durchgestrichen. «Don’t entry», stand da, in unbeholfenem Englisch, wohl dasselbe in Thai und Chinesisch. Ich fühlte mich gleich wie zuhause. Auch die Parkregeln hätten aus der Schweiz stammen können: Kein Littering, nichts mitnehmen (weder Steine noch Büsche, Bäume oder Felsen), andere Besucher und Tiere nicht stören. Zudem waren Öffnungszeiten angegeben: 06:00 bis 09:00 sowie 16:00 bis 18:00. Bei dieser Hitze wäre ja niemand freiwillig mittags losgezogen.

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Der staubige Pfad führte durch einen trockenen Wald, die aufgehende Sonne schien durch das Gestrüpp. Hier sollen frühmorgens Mönche hinauf pilgern zu einem Tempel, der etwa auf der Hälfte lag. Wir waren wohl schon zu spät unterwegs, aber es war trotzdem eine schöne Vorstellung, auf ihren Spuren zu wandeln. Früher sei der Weg noch mit orangen Stoffbändeln markiert gewesen, hatte ich gelesen. So stiegen wir immer höher, passierten uralte Schautafeln mit Anweisungen („Please take a rest for a while and listen to the sounds of nature“), suchten vergeblich nach versiegten Wasserfällen, passierten zwei Thais, die ihren Frühsport absolvierten, überwanden beeindruckende Wurzeln, duckten uns unter Lianen durch, legten Ameisen auf ihren Strassen Blätter als Hindernisse in den Weg und beobachteten, wie sie die Störung meisterten (meist eher panisch und kopflos), entdeckten eine grosse Eidechse, kletterten schliesslich steile, ausgewaschene Passagen hinauf – immer darauf bedacht, im Smog von Chiang Mai nicht allzu fest ausser Atem zu kommen. Es wurde langsam warm und wir erreichten den Pha Lad Tempel, ein sehr friedlicher und wenig touristischer Ort. Die Mönche in ihren orangen Roben wischten gerade den Boden, schienen dabei zu meditieren und beachteten uns Besucher kaum. Der Zwergenkönig liess mir doch etwas Zeit, mich umzusehen, bevor er ungeduldig wurde und weiterwollte auf den Doi Suthep. Ich genoss die Ruhe, die von meinem Sohn geschenkte Zeit, den Tempel, die Leere. Und unbewusst wohl auch das Privileg, mich ohne Einschränkungen zu bewegen, auf einer Wanderung zu sein.

 

Es blieb die einzige Wanderung in meiner Auszeit. Bald rief der Bundesrat, und alles änderte sich. Nichts ist mehr normal. Nur noch die Erinnerung an eine gemeinsame Wanderung mit meinem Sohn. Ein kleines Glück, das ich hier gerne teile.

 

Wanderpapa

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