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Wanderreportagen ABO

Das kleine Urmeer im Tessin

Dort, wo sonst alles steil und stotzig ist, hätte man ein solch weites, offenes Hochtal nicht erwartet. Das Val Piora TI empfängt mit einer Landschaft voller malerischer Seen. Einer davon verbirgt unter seiner Oberfläche eine geheimnisvolle Welt.
30.05.2025 • Text und Bilder: Iris Kürschner
Im Lago Cadagno dümpelt das Forscherfloss.
Verborgene Naturschätze im Val Piora
Piora • TI

Verborgene Naturschätze im Val Piora

Die Vielfalt an Naturwundern im Val Piora ist legendär. Begründet durch die besondere Geologie, entstand eine Fülle an Landschaftsformen und Lebensräumen. Neben den Sedimenten der sogenannten Piora-Mulde stossen hier das Kristallin des Gotthardmassivs und der Gneis und der Schiefer der Lukmanierdecke aufeinander. Quer durch die Piora-Mulde zieht sich eine Dolomitader. In dem bröseligen Gestein konnten sich faszinierende Karstformen wie Dolinen, Höhlen, Schlucklöcher und fossile Schluchten bilden – besonders gut zu sehen rund um den Lago Cadagno. Im Kontrast zu den zackigen Formen stehen die von Gletschern geformten rundlichen Buckel und Mulden des festen Kristallins, in die sich bezaubernde Seen schmiegen. Mitunter fühlt man sich an eine Fjordlandschaft erinnert. Vor allem bei der Ankunft am Lago Ritóm, kaum hat man sich mit einer der weltweit steilsten Standseilbahnen hinauftragen lassen. Ein rund zehn Kilometer langer biologischer Lehrpfad zieht am Südufer des Lago Ritóm entlang zum Zentrum für Alpine Biologie bei der Käserei Alpe di Piora, wo er nahtlos in den Lehrpfad zur Mikrobiologie rund um den Lago Cadagno übergeht. Von Cadagno di Fuori wieder zurück zum Zentrum folgt man der Fahrpiste weiter an der Capanna Cadagno vorbei Richtung Passo del Sole. Bei Pkt. 1981 zweigt man rechts ab und geht immer weiter in Richtung Passo Forca. Der Höhenweg bietet immer wieder schöne Seeblicke. Teilweise sind die Pflasterungen des alten Saumweges noch erhalten. Sehr schön ist es bei Pinett, wo die Höhenroute nach rechts verlassen wird, um zum Rifugio Lago Ritom abzusteigen. Zurück geht es dann wieder auf der Bergstrasse in rund 25 Minuten zur Standseilbahn.

zum Wandervorschlag

Wie ein «normaler» Bergsee sieht der Lago Cadagno aus. Naturbelassen und verträumt, wie er sich da unter hohen Bergen in saftige Wiesen bettet. Nichts verrät seine Besonderheit. Allenfalls das kleine Forscherfloss, das mitten im See dümpelt. Auf fast 2000 m ü. M. eine Badeinsel vorzufinden, wäre eher unwahrscheinlich. Stattdessen wird die Miniplattform genutzt, um Wasserproben zu entnehmen, die dann im nahen Labor untersucht werden – versteckt in uralten Alphütten. Seit Jahrzehnten zieht der Lago Cadagno Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt an. Rätselhafte Dinge geschahen hier, die man sich zunächst nicht erklären konnte. Heute ist man einigem auf die Schliche gekommen, doch es bleibt noch viel zu erforschen.

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