Wo?
Kaum von der Bergstation Betelberg aufs Leiterli gestiegen, steht da Myrta Wüthrich. Den Feldstecher auf die Hänge gerichtet, beobachtet die Pensionierte aus St. Stephan Schmetterlinge.
Wer?
Die diplomierte Feldornithologin und Exkursionsleiterin ist jeden Tag in der Natur unterwegs. «Je nachdem, was ich sehen will, gehe ich woanders hin. Die Natur bereitet mir Freude und fasziniert mich.» Jetzt – im Herbst – sucht sie auf dem Betelberg bei Lenk im Berner Oberland nach Zugschmetterlingen.
Was?
In Europa gibt es mehrere Dutzend Schmetterlingsarten, die zweimal im Jahr Tausende von Kilometern zurücklegen. Im März fliegen sie nach Skandinavien, Ende September / Anfang Oktober ans Mittelmeer. Um dem Winter zu entfliehen, überqueren sie, vom Adelbodner Hahnenmoospass herkommend, das Leiterli und flattern weiter über den Sanetschpass ins Wallis. «Einige Arten fliegen windgeschützt nahe dem Boden, dadurch kann ich sie einfach beobachten», sagt Myrta Wüthrich. Andere nutzen in 400 bis 800 Metern Höhe den Wind zum Vorwärtskommen. Die Schweiz verlassen sie über den Col de Bretolet und fliegen weiter in den Mittelmeerraum – dazu überqueren einige sogar Meere und Wüsten.
Wie lange?
Der Flug der Schmetterlinge dauert lange – zu lange für ein einziges, gefährliches Falterleben. Unterwegs sterben sie vor Erschöpfung, durch das Wetter oder werden gefressen. Deshalb ist der Schmetterlingszug ein Generationenprojekt. Der Admiral zum Beispiel paart sich unterwegs und legt seine Eier an jedem Etappenort auf Brennnesseln ab. Daraus werden Raupen, diese verpuppen sich, und nach wenigen Wochen schlüpfen neue Schmetterlinge. Diese führen die Reise ihrer Eltern fort. «Einmal hatte ich grosses Glück: Ich sah hier oben etwa 40 Admirale aufs Mal», erzählt Myrta Wüthrich. Die dunkelbraunen Schmetterlinge sind leicht an ihren roten Binden auf den Vorder- und Hinterflügeln zu erkennen.
Wie orientieren sie sich?
Bei schönem Wetter orientieren sich die Zugschmetterlinge an der Sonne. Ist es bewölkt, am Erdmagnetfeld. Durch einen inneren Kompass in ihren Antennen spüren sie, wo die Linien des Magnetfeldes verlaufen. Diese Linien verbinden die beiden Pole der Erde halbkreisförmig: An den Polen verlaufen sie senkrecht, am Äquator waagrecht zur Oberfläche.